Jikkemien Ligteringens – Der Findling

Italiano

von Andrea B. Del Guercio

Kaleidoskop Freiburg, 2017

„Findling mit gelber Keramikform, 43,5 cm hoch, 83 cm breit, 120 cm tief, ca. 480 kg“. Die Bildunterschrift zeugt von dem Wunsch Jikkemien Ligteringens, ein Werk beizusteuern,dem die Idee der Städtepartnerschaft innewohnt, die auf diese Weise eine Form und eine die Zeit überdauernde Solidität erhält. Die künstlerische Aktion, die in ihrer Anfangsphase performativen Charakter hat und dem Prinzip der Dokumentation verpflichtet ist, wirkt weit über die Ausstellung hinaus, um sich durch die Geste des Geschenks, der Weitergabe eines symbolischen und bedeutsamen Teils aus einer Region zum Teil einer anderen Region zu verwandeln.
Die Künstlerin mit holländischen Wurzeln lebt schon lange in Deutschland und hat im bergigen Schwarzwald einen Findling entdeckt, den im Laufe der geologischen Zeitalter abgeschmolzene Gletscher freigegeben haben. Die das Projekt ergänzende Dokumentation zeigt verschiedene Arbeitsphasen wie die Entnahme und den Transport des Findlings. Das Kunsterleben
entsteht konzeptionell durch diese Prozesshaftigkeit, die zu dem Geschenk führt und sich mit dessen Entgegennahme vervollständigt, indem sie den Weg zwischen der Wegnahme und dem Verzicht hin zur Installation und Veredelung eines Landschaftsfragmentes beinhaltet. Die Stadt Padua wird einen Teil der Stadt Freiburg als dauerhafte Installation erhalten, gemäß dem Prinzip der Translozierung, das mit einer individuellen Geste künstlerischen Wert erlangt: „Der Stein bleibt unbehandelt, um seine Natürlichkeit zu erhalten, wodurch der Kontrast mit dem behandelten keramischen Material unterstrichen wird.“

• DieMaßnahme erscheint in Bezug auf das Projekt „Kaleidoskop Freiburg“ zielgerichtet und bezeugt darüber hinaus auch die detaillierte Wahrnehmung der Landschaft, die das expressiv-performative Kunstschaffen Jikkemiens charakterisiert.

• Hinter dieser Aktion steht in der Tat das Aufsuchen des Naturraums, sowohl bewaldeter als auch in der Ebene gelegener Gegenden, und das Finden ästhetischer Lösungen, die auch Malerei, Fotografie und Videokunst mit einschließen. Diese haben das Ziel, Wege unterschiedlicher Beschaffenheit sowohl mit Farbe als auch den sprachlichen Mitteln der Kunst in Szene zu setzen. Auf der Grundlage von Survey-Kampagnen geht es Jikkemien Ligteringen darum, eine durch Formen und Farben bereicherte Landschaft zu kreieren und so den Betrachter zu veranlassen, deren Entwicklung im Raum mit ganz neuer Aufmerksamkeit zu begegnen.

• Nach und nach kommen intensive Farben stärker zum Einsatz, wodurch eine einheitliche Umgebung unmittelbar erkennbar wird: Die umhüllende Dimension der Farbe Grün, zart durchzogen von der hölzernen Struktur des Waldes und einzelnen Stämmen, wird zur Palette, zu der sich Gelb und Rosa in Form von Linien gesellen, aber auch größere Anteile von Himmelblau.

• Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen, die das Ergebnis des zwischen 2013 und 2016 entstandenen Zyklus „Intrusion“ sind, in dem die Farbe eine aktive Rolle spielt und sich in Lebensfreude zeigt, begreift man das Vorhandensein dieses Keramikfragments in leuchtendem Gelb, das die stille Größe des Findlings charakterisiert, der dazu bestimmt ist, in den Gärten Paduas seinen Platz zu finden.

• Diese unterschiedlichen Fakten zusammengenommen, die auch künstlerische Lösungen auf der Erfahrungsebene im urbanen Kontext beinhalten, fügen sich nicht nur aktiv in den umfangreichen Bestand der Land Art, sondern kommunizieren auch die Aktualität ihrer Werte und die Formulierung neuer visueller Ideen. Die unterschiedlichen Lösungen, auch die zurückhaltendsten und intimsten, die nur das Objektiv des Fotoapparats dokumentiert und bewahrt, unterstreichen nicht nur
den verantwortungsbewussten Blick Jikkemien Ligteringens auf die Natur, sondern fügen sich auch ideenreich und sensibel in die Geschichte der Landschaftsmalerei; tatsächlich handelt es sich hier um eine Naturbeziehung der forschenden Art, die nicht nur beschreibt, sondern auch erkennt und interpretiert.