Werner Ewers – Ein Dialog zwischen Stein und Holz
von Andrea B. Del Guercio
Kaleidoskop Freiburg, 2017
Bei einem Besuch im Atelier des Bildhauers hatte ich Gelegenheit, eine Auswahl seiner jüngsten Werke kennenzulernen, die das Verhältnis von Holz und Stein ausloten, zwei Kernelementen in der Geschichte der Skulptur. Werner Ewers hat im Lauf der Zeit und in Werkzyklen einen äußerst strengen künstlerischen Stil entwickelt, der einer kontinuierlichen, sprachlich-formalen Erneuerung verpflichtet ist. Sein Atelier bezeugt mit einer Reihe von Installationen diese Evolution und lässt uns daran teilhaben, wie sehr das Thema des‚ Dialogs‘ zwischen historisch-materieller Wertigkeit im Zentrum seines Schaffens steht: Wie es ihm gelingt, eine reiche, dabei allgemein verständliche Formensprache in direktem Austausch mit einem Ort zu entwickeln. In dem man der Kunstwerdung förmlich beiwohnt, in dem man auf Entwürfe und Vorstudien trifft und auch der fotografischen Dokumentation eine größere kreative Dimension zukommt; bezieht man dazu noch die strenge Konzeption seiner Website
ein, entsteht ein Bild des Skulpteurs vor unseren Augen.
• Besonders zog mich in diesem privaten Rückzugsraum das Vorherrschen von Stein und Holz in den Bann, mit denen der Künstler von Mal zu Mal das Volumen und die Fläche, das Fragment und den Block verbindet und dem stets der Wille zugrunde liegt, das Wesentliche ohne Blendwerk und Abschweifungen, eine absolute, teilweise extreme kompositorische Strenge zu erzielen. In dieser Perspektive ist auch die Auswahl von Ewers Werken im Ausstellungskonzept exemplarisch: Der an den Merkmalen und der plastischen Note der einzelnen Stein- und Holzelemente ablesbare, fast wissenschaftliche
Rigor, macht deutlich, wie intensiv und mit wie viel Empfindsamkeit, aber auch Planungsfreude Werner Ewers sich dem jeweils ausgewählten Material widmet. Er unterwirft es keinem höheren Willen, sondern steht mit ihm im Gespräch und offenbart dabei ein Feingefühl, das uns die dem Stoff innewohnende Seele erblicken lässt. • Auch die Farbgebung der verschiedenen, beim Schaffensprozess der Skulptur verwendeten Materialien spielt bei Ewers eine spezifische und zielgerichtete expressive Rolle, die die formale Konzeption um eine wichtige Komponente bereichert: Der ‚Haut‘ der Materie kommt die Aufgabe der emotionalen Personalisierung zu, durch sie geht die Energie, die die Zeit im Stoff abgelagert hat, in den Betrachter über. Die Maserungen und Schichtungen auf der Oberfläche richten unsere Reflexion auf die ‚Geschichte‘ und auf das Materialinnere; wir fühlen uns, zwischen Denken und Vorstellung, ästhetisch angezogen, aber auch der kulturellen Bedeutung
der natürlichen Materialien und ihrer Geschichte verbunden. In der Arbeit mit diesen Werkstoffen sieht Werner Ewers die Möglichkeit, neue Formen zu schaffen, dem Holzblock und dem Stein eine ästhetische Wertigkeit zu geben, in der Gestaltung
des unförmigen Monoliths genauso wie beim zergliedernden Einschnitt des Fragments. Aufbauend auf diesen Ausdrucksprozessen, in denen die technischen Aspekte mit der Gefühlssphäre eins werden und diese bereichern, erwächst eine
Formensprache zum Leben, deren Erzählung in die Geschichte der zeitgenössischen Bildhauerei eingeht.
• In diese spezifische Dimension müssen die Werke von 2016 eingeordnet werden, deren Präsentation in der Ausstellung „Kaleidoskop Freiburg“ uns eine präzise Aussage über den aktuellen Stand des Schaffens von Werner Ewers zeigt. In diesem Werkzyklus erscheint das Spannungsverhältnis zwischen einem kalten Material wie Schiefer und einem warmen Material wie der Kiefer, zwischen der monochrom-sachlichen Härte der Steinplatte und dem unförmigen Rauminhalt des
Stamms explosiv und hier und da von einem analytischen Expressionismus geprägt. Es sind Werke, die durch ihre sprachlich-expressive Kontinuität zu exemplarischen Zeugen der plastischen Dimension werden, wie die den Ahorn durchschneidende
Schieferplatte, aber auch das Wiederaufgreifen der pyramidalen Struktur in der Form der Kiefer zur strengen Schönheit des Schiefers.